brunhilde1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschichte zum Bulli “Brunhilde” anläßlich des VW-Bus-Treffens 1998 in Halbs, Westerwald.

Uetze ist eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Gemeinde in Niedersachsen im nordöstlichen Teil des Landkreises Hannover. Bundesweit bekannt sind die Uetzer Speisefrühkartoffeln. Die Bundesstraße 188 von Hannover nach Wolfsburg führt direkt durch Uetze.

Über meine Kontakte zur Raiffeisen Warengenossenschaft Uetze versuchte ich zunächst Informationen über die Gewerkschaft Brunhilde Uetze, deren Eigentümern oder Mitarbeitern bzw. deren Tätigkeit zu bekommen.
Nach wenigen Telefonaten mit Uetzer Bürgern — Volltreffer!!
Herr Walter Heger, Schafstallweg 1A, 31311 Uetze.

Nach dem ersten Telefonat mit Herrn Heger – indem ich kurz mein Anliegen umriss – erwartete er alsbald meinen Besuch. Dieser ließ nicht lange auf sich warten. Am 01.07.1998 saß ich bei Herrn Heger im Wohnzimmer und präsentierte ihm meine vier Fotos aus der Halbser Bullischeune.
Er erkannte den Wagen sofort wieder und holte ebenfalls ein Foto, das er selbst erst vor einem halben Jahr von einem Freund geschickt bekam. Das Foto zeigte Herrn Heger mit einem Kollegen in einem Garten vor einer Gruppe verschiedener Wissenschaftler der Geologie und Meßtechnik. Dieser Gruppe wurde die Auswertung einer Uransuche präsentiert. Im Hintergrund des Bildes am Gartenzaun parkte der weiß/blaue Bulli mit orangefarbenem Rundumlicht auf seinem Dach.
“Das ist Meßwagen Nr. 5 von 1959” erinnerte sich Herr Heger.

Die Gewerkschaft Brunhilde war Eigentum von Hans Paul, Uetze. Er war der Pionier der Erdölsuche auf dem deutschen Festland. Mit seinen Erdölfunden im nordöstlichen Landkreis Hannover war gut Geld zu verdienen. Um 1950 hat er seinen Betrieb und die Förderlizenzen an einen großen Mineralölkonzern verkauft. Noch heute fördern die Hammerpumpen Erdöl und in Celle-Wietze ist ein Erdölmuseum gegründet.
Hans Paul suchte nach neuen Aufgaben. Er entschied sich auf Uransuche in Deutschland zu gehen. Auf seinem Gestüt Brunhilde in Uetze wurden Büros und Werkstätten errichtet. Eine stattliche Anzahl von Fachleuten aus der Uranbranche, Meßtechniker und Geologen wurden eingestellt.
Die entstehende Bundesrepublik wurde systematisch nach Uranvorkommen abgesucht. Spezielle geologische Gegebenheiten ließen auf Vorkommen schließen. Rheinland-Pfalz, Schwarzwald, Bayrischer Wald mit ihren besonderen Gesteinsarten, aber auch unter großen Moorgebieten z.B. um Wackersdorf (Bayern) waren hochprozentige Uranvorkommen gemessen worden.
Mit tragbaren Meßgeräten ausgestattet liefen Trupps die Planquadrate ab. Das war eine schwere und zeitaufwendige Arbeit.

brunhilde2Vor einer großangelegten Demonstration der Uransuche im Bayrischen Wald bei Cham versagte das neuentwickelte Meßgerät der Forscher aus Uetze. In ihrer Not wandte sich der Leiter des Projektes an das Radio und Fernsehgeschäft Heger in Cham. Herr Heger konnte das Gerät nicht nur reparieren, er machte sich sogar Gedanken um eine Geräteverbesserung.
Nach umfangreichen technischen Ideen und deren Umsetzung wurde Herr Heger nach Niedersachsen zur Gewerkschaft Brunhilde von Herrn Paul verpflichtet und wurde Leiter der Entwicklungswerkstatt. Die Entwicklung von Meßgeräten zur Uransuche ging rsant voran. Messungen vom Motorroller aus oder vom PKW sollten das Erkunden der Flächen beschleunigen. Alsbald wurden aber wieder neue Grenzen erkannt. Natürliche Hindernisse wie z.B. Flüsse, Wälder, Grundstücke oder Berge waren für Fahrzeuge unüberwindbare Barrieren. Deshalb wurde die Messung aus der Luft entwickelt.

Ein Helikopter wurde angemietet und ausgerüstet. Mit 25m Bodenabstand konnte nun schnellstmöglich ein Areal beflogen werden. Der Pilot bekam genaues Kartenmaterial in dem seine Flugstrecken verzeichnet waren. Damit er sich leichter orientieren konntewies ihm das Bodenfahrzeug (der Bulli mit Rundumleuchte) die Richtung.
Gekauft wurde der Bulli bei VW-Händler Martin in Celle – hier existieren leider keine Unterlagen mehr, der Betrieb war vor Jahren abgebrannt.

Der Abbau von Uranerz in der Pfalz und im Schwarzwald verlief im Tage- und Untertagebau. Das Erz wurde per Bahn nach Birkenfeld-Pfalz verfrachtet. Eine nicht fertiggestellte Panzerplattenfabrik wurde von der Gewerkschaft Brunhilde gekauft und zur Verarbeitung von Uranerz umgebaut. Hier wurde 98 prozentiges, reines Uran als Vorstufenprodukt für Brennstäbe der Atomkraftwerke hergestellt.
Nach Erinnerungen von Herrn Heger war der Bulli hier im Werk Birkenfeld zuletzt eingesetzt.

Der Uranabbau in Deutschland wurde mit der Zeit unwirtschaftlich, so daß ausländische Lieferanten das Geschäft machten. Die Fabrik wurde an den Bund verkauft und zum Zwischenlager für Brennelemente umgebaut.
Nach dem Tod des Herrn Paul haben die Erben die Gewerkschaft Brunhilde verkauft, das Gestüt wird weiterbetrieben, Herr Heger wohnt mit seiner Frau weiterhin in seiner ehemaligen Dienstwohnung gegenüber der Brunhilde — und der Bulli ist in den Händen des VW-Bus-Club Koblenz.

Burgdorf, den 25.12.1998
Michael Seifert