T1 Bulli_Adam_Pritschenladung_Manfred Klee, foto Sven Kaijser

Die Lebensgeschichte von „Sir Adam“, einer 1960er Doppelkabine mit Pritsche und nur 348|km Gesamtlaufleistung ist unglaublich. Sie begann im April 1960 beim Volkswagenhändler Jack Adams in Wuppertal-Barmen. Diesem und Manfred Klees Freund Adam Balkanli verdankt der Bulli auch seinen adligen Kosenamen „Sir Adam“. Mit Kilometerstand 003 wird das Fahrzeug an einen Werkzeugmacher aus Remscheid ausgeliefert.

Da dieser wohl ahnte, dass seine Frau mit diesem Kauf nicht einverstanden sein würde, so die Sage, ließ er ihn gleich hinter einer Wand in seiner Werkshalle verschwinden, sodass der Bulli vor den Blicken seiner Frau gut versteckt war. Wie das Kundendienstheft belegt, kommt der lichtgraue Wagen mit seinen 30 PS zwei Jahre später mit einem Kilometerstand von ganzen 118 km wie aus dem Ei gepellt zur ersten Inspektion in die VW-Werkstatt nach Wuppertal. Bewegt wurde er also in den ersten zwei Jahren nur sehr wenig, und auch in der folgenden Zeit wird er offensichtlich nur sehr selten zu Ausfahrten genutzt. Sowohl der Innenraum der sechssitzigen Doppelkabine als auch die Pritsche sehen nicht so aus, als hätten sie jemals Mensch und Material befördert. Alles ist wie neu!

„Sir Adam“ verschwindet wohl wieder im Versteck.

Doch schon bald nach der ersten Inspektion 1962 verstirbt der Besitzer, dessen Frau nach wie vor nichts von der Existenz des Bullis weiß. So verbringt dieser einen viele Jahre andauernden Dornröschenschlaf hinter der Sichtschutzwand der Werkshalle. Bis dann am 8. Dezember 1988 ein amerikanisches Militärflugzeug „Typ A-10 Thunderbold II“ in Remscheid abstürzt. Sechs Menschen sterben dabei und ganze Straßenzüge liegen in Schutt und Asche.

T1 Bulli Adam v. M. Klee, foto M. KleeDoch der Doppelkabiner steht, zwar verstaubt, doch unbeschadet an seinem Platz in der Werkshalle. Der Neuwagen wird entdeckt. Über einige Umwege erfährt Manfred Klee vom Fund dieser Rarität, denn die „Buschtrommeln“ in der Bulli-Szene sind weithin hörbar. Der VW-Bus-Fan aus Koblenz zögert nicht lange, fährt nach Remscheid und kauft den Wagen mit dem wenig „bewegten“ Vorleben und erweckt diesen am 9. Dezember 1989 bei einem Kilometer- stand von 345 km zu neuem Leben. Seitdem wird das gute Stück nur noch bei besonderen Anlässen und schönem Wetter präsentiert.

Heute ist aus einem lichtscheuen Dornröschen-Auto ein Medienstar geworden, trotzdem behielt „Sir Adam“ seine unauffällige bescheidene Art. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte er auf dem Volkwagen-Messestand, anlässlich der Constructa im Jahr 1990 in Hannover. Dorthin geschafft wurde er natürlich per Trailer, wie er alle Bewegungen (zum Erhalt seines Tachostandes) nur auf fremder Achse über sich ergehen lässt. Inmitten von Dutzenden fabrikneu vor sich hin glänzen- der Ausstellungsfahrzeuge stand er dort im jungfräulichen Glanz der 60er-Jahre genauso neuwertig wie auch alle anderen. Hier zeigte sich natürlich auch sehr eindrucksvoll die automobile Evolution der Nutzfahrzeuge von Volkswagen.

Radio RPR und der Südwestfunk entsandten Reporter, die sich in Manfred Klees Garage herumdrückten, ihn die Geschichte zum wiederholten Male schildern ließen und ihn baten, „doch mal den Motor anzumachen, so als akustischen Gag für die Reportage“.

Bulli_Adam_Dias_Tacho_Manfred KleeIrgendwie muss auch die Deutsche Welle von „Sir Adams“ Lebensgeschichte Wind bekommen haben, denn Manfred Klee erreichte ein Anruf aus Australien, wonach dort über diesen Sender vom unglaublichen Autoleben berichtet worden sein soll. Dann der erste Fernsehauftritt, Südwestfunk 3, Sendung „Schnick-Schnack“, moderiert von Mario Schmiedecke. Ergebnis: Der Moderator fährt inzwischen natürlich auch einen Ur-Bulli.

Viele Zeitschriften standen Schlange, um Fotos von „Sir Adam“ zu erhaschen. Auch die „Gute Fahrt“ entsandte ihre Redakteure, die stunden- lang fotografierend auf der Festung Ehrenbreitstein um den Doppelkabiner schlichen. Der VW-Szene-Fotograf Dieter Debo tat das Gleiche bei einem späteren Fototermin am selben Ort. Auch „Käfer- Foto“ aus Schweden meldete sich. Wenig später stand der Fotograf Ulf Kaijser vor Klees Haustür. Man dekorierte für das Fotoshooting die Ladefläche des Doppelkabiners (siehe Foto oben) mit Naturalien und Waren vom Wochenmarkt, also Körben und Kisten mit Salat, Gemüse, Kartoffeln, Eiern und ähnlichem.

Eine der renommiertesten VW-Zeitschriften in den USA, die „Hot VW‘s“, bezeichnete in einem ausführlichen Artikel mit vielen Fotos „Sir Adam“ als die wohl weltweit besterhal- tene T1-Doppelkabine. Auch das Allrad- und Nutzfahrzeugmagazin „4-Wheel-Drive“ aus Schweden sowie die Käfer-Revue veröffentlichten seitenweise Aufnahmen von „Sir Adam“.

So wundert es einen nicht, dass es selbst im VW-T1-verrückten Japan Leute gibt, die am Kauf der Edel-Kabine „Sir Adam“ ernsthaftes Interesse bekundeten und bereit wären, den Gegenwert eines Einfamilienhauses auf den Tisch von Manfred Klee zu legen. Doch an so etwas denkt er nicht.

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